8 Hirsch To Go     16.-18. April 2010
Junge Forschung zu Mesoamerika in Hamburg
Symbolik, Ikonographie und Bildprogramm des Logos

Das Logo

Das Logo verweist auf die Mesoamerikanistik in Hamburg. An der Universität wird der Fachbereich geschlossen. Wir möchten aber die Forschung und Lehre der Mesoamerikanistik engagiert in Eigeninitiative fortsetzen. Die Tagung bezeichnet sowohl das Ende als auch einen Neubeginn der Mesoamerikanistik in Hamburg. Die Situation der Mesoamerikanistik ist im Logo symbolisch dargestellt.

Darstellung des Logos

Die Darstellung zeigt links ein weisses Gebäude auf rötlichem Hintergrund.
Der Thron im Inneren ist leer. Unter dem Sockel des Gebäudes sind zwei Jaguare zu sehen, von denen der linke sich an das Gebäude zu krallen sucht. Unterhalb ist ein Wasserstrom dargestellt, welcher in die rechte Bildhälfte fliesst. Dort geht er über in den langen Federschmuck der Figur, die, auf einem Sockel stehend, eine Schale mit einem Hirschkopf präsentiert. Von der Schale gleitet helle Essenz in einen Topf, der auf einem Hocker steht.

Bildprogramm und Symbolik des Logos

Links auf rotem Grund findet sich die mesoamerikanische Version des Wappens von Hamburg (auf dem die alte Hamma-Burg in Weiss auf rotem Hintergrund abgebildet ist). Anstelle von Kreuz und flankierenden Sternen, wie im Original, ziert das Wappen ein Weltenbaum und Sterne wie in den Codices der Mixteken. Die Löwen der Hamburgischen Staatsflagge sind durch Jaguare ersetzt (einer aufrecht dargestellt, der andere als eine Art „Sphinx“ am Fuß der Tempeltreppe, wie z. B. Schlangendarstellungen am Haupttempel der Azteken in Mexico-Tenochtitlán oder diversen Strukturen in Chichén Itzá, Yucatán.)

Der linke Bildteil bezieht sich vor allem auf die Darstellungen, die mit der Krönung des mixtekischen Herrschers Acht Hirsch Jaguarkralle (1063-1115), dargestellt im Codex Nuttall, zusammenhängen. Nur, dass Acht Hirsch eben nicht gekrönt wird, sondern als „To Go“ zu nehmen ist, wie symbolisch im rechten Bildteil zu sehen. Der Jaguar-Thron, Symbol der Herrschaft, ist leer - ein Verweis auf das Ende der Mesoamerikanistik. Das zapotekische Zeichen “Xoo“ (=Bewegung, Erdbeben) am Tempel rechts bezeichnet die Veränderungen der Mesoamerikanistik in Hamburg.

Der blaue Wasserstrom (wie die Symbole für Wasser im Stadtlogo Hamburgs) verweist neben der Lage Hamburgs als Ort am Wasser und als Hafenstadt ebenso auf den Untergang des Fachbereichs. Der linke Jaguar scheint sich vor diesem Nass zu fürchten (und sucht am Wappen Halt).
Gleichermaßen ist das Wasser jedoch auch als Fluss des Wissens zu sehen, der in den Federschmuck (die Federn des Quetzal-Vogels) und somit in den Kopf der rechten Figur mündet. Die Figur, auf einem Herrscherthron stehend, trägt rückwärtig an einer Jadekette hängend, eine bildliche Variante der Zahl Acht waxac des Maya-Kalenders. Die Glyphe steht für den Jungen Maisgott Hun Nal Ye, welcher Fruchtbarkeit und Erneuerung symbolisieren soll. Gleichermaßen ist der in vielen Kulturen in diesem Raum noch praktizierte rituelle Hirschtanz eine essentiell notwendige Prozedur zwecks Erneuerung und Erhaltung der Welt. Stellvertretend für das mesoamerikanische Wissen steht der Hirschkopf (des zuvor genannten Herrscher Acht Hirsch), den die Figur in einer Schale präsentiert. Heisser Dampf oder auch Essenz fliesst in Form der mesoamerikanischen Silhouette (Mexiko, Guatemala, Belize, El Salvador, Honduras) in den Topf, der auf einem Maya-Herrschersitz, ähnlich dem leeren mixtekischen Thron links, steht. (Kuba übrigens fällt nicht in den Topf - ein Verweis auf die bisherigen Schwierigkeiten bis Unmöglichkeiten der Forschung in diesem Staat.) Ebenso wie die Federn farblich in Grün- und Blautönen Yax gehalten sind, welche stets für Fülle, Kostbarkeit und auch Reichtum stehen, ist der Topf in Yax abgebildet: Er repräsentiert kostbaren Inhalt. Auf dem Gefäß steht in Maya-Glyphen Sak Nuk Naj - K´ak´Naab. Dies bedeutet ungefähr: Grosses, weisses Gebäude - feuriges Wasser, urzeitliches Wasser. Dies ist eine mögliche Übersetzung für Hamburg mit Verweis auf das Wappen.

Das Wissen hält also wieder in Hamburg Einzug (fliesst symbolisch in den „Hamburgischen Topf“ auf einem Jaguar-Thron) - ein Sinnbild für unsere Anstrengungen, weiter wissenschaftlich tätig zu sein und die Mesoamerikanistik über ihr universitäres Ende hinaus erfolgreich zu betreiben.

Ikonographie des Logos

Die gesamte Darstellung kann sowohl zeitlich als auch geographisch von links nach rechts wie folgt gelesen werden:
Das Hamburger Wappen steht für die Neuzeit. Die frühkoloniale Schreibweise von „Hamburgo“, wie im Schriftbild beispielsweise des Lienzo de Tlaxcala beziehen sich auf Zentralmexiko und auf die Eroberung der Mexica durch Hernan Cortés (1519-21A.D.). Das aus der Glyphe für Schilfrohr und den 13 Punkten bestehende Datum 13 Schilfrohr weisen auf das Schöpfungsdatum der Azteken hin. Der erste Punkt unter dem Schilfrohr-Zeichen bedeutet gleichzeitig Eins Schilfrohr - Geburtsdatum der mythischen toltekischen Herrschergestalt Quetzalcoatl (ca. 950-1000 A.D.).
13 Stufen am Tempel verweisen auf die Kalendersysteme in Mesoamerika sowie auf die Aspekte von Architektur und deren ritueller Nutzung. Der Tempelsockel entsprich der Bauweise der Gebäude in Teotihuacan. Die mixtekischen und auch zapotekischen Bildelemente (das Xoo-Zeichen und der Thron, aus der Region Oaxaca - Monte Albán, auf dem die Figur mit Federschmuck steht) verweisen zeitlich zurück und geographisch nach Osten zu den Maya. Der formale Stil der mixtekischen Codices wird bis in den aufsteigenden Federschmuck der stehenden Figur fortgeführt. Der Kopfschmuck ist in der Art der Herrscherbildnisse auf Stein-Stelen nachempfunden, die Figur selbst, sowie Hirsch, Thron und Topf entsprechen Darstellungen auf Vasen der klassischen Maya (ca. 250 - 900 A.D.). Die Maya-Glyphen auf dem Topf beziehen sich auf das große Corpus der schriftlichen Zeugnisse (und deren ebenso spannende wie schwierige Entzifferungsgeschichte). Der rechte, nur mit einem Tongefäß besetzte Herrschersitz mit Jaguarfell verweist auf die Zeit vor den K´uhul Ajawob, den königlich-göttlichen Herrschern der klassischen Maya. (vor 250 A.D.)

C.B.

Ikonographische Referenzen:

Hamburger Wappen: Flagge der Freien und Hansestadt Hamburg, Flagge des Senats von Hamburg (grosses Staatswappen), Hamburger (bzw. kleines)Wappen, Admiralitätsflagge bzw. -wappen (entnommen Wikipedia bzw. Wiki-Commons); Hamburg Corporate Identity Logo (copyright by Peter Schmidt)

Schriftzeichen „Hamburgo“ Buchstaben aus dem Codex Magliabechiano Tafel 3 f. , Orientierung des Namens siehe Lienzo de Tlaxcala

Kreuz bzw. Weltenbaum: Codex Fejérváry-Maier Tafel 1

Sterne: entnommen aus dem „Sternenband“ Codex Nuttall Tafel 75

Tempeldesign: Codex Fejérváry-Maier Tafel 13, Codex Fejérváry-Maier Tafel 26, Tafel 31, Codex Nuttall, Tafel 53, Tafel 68

Zinnen im „Hamburger Wappen“: Codex Borgia, Tafel 13 rechts unten, Tafel 68 oben; Codex Nuttall, Tafel 77

„Geschlossener Tempel“ Codex Borgia, Tafel 33, 34 und 35, Codex Nuttall 2, 21, 26, 34, Codex Codex,
trotz Seitenansicht: Fejérváry-Maier Tafel 31

Zapotekische Variante des Umzeichnung Montgomery einer teotihuacanischen Tonfigur FVH515917
aztekischen „Olin“ Zeichens (vermutlich Tlamimilolpa-Metepec 200-750 n. Chr., Völkerkundemuseum Hamburg)

Ort des zapotekischen Xoo-Zeichens: Codex Fejérváry-Maier Tafel 31 links unten (anstelle der Sonnenscheibe)

Leerer Thron mit Jaguarfell: Codex Codex Fejérváry-Maier Tafel 25, Tafel 36, Codex Nuttall, Tafel 52

13-Schilfrohr-Glyphe: Aztekische Steinbox (sogenannte Hackmack´sche Truhe, mögl. Texcoco) Museum für Völkerkunde Hamburg. In: Aztec Art Abb. 273, S. 256

Pyramidiale Struktur: Teotihuacanischer Talud-Tablero-Stil; Codex Nuttal Tafel 61, Tafel 69; The Maya and Teotihuacan Abb. 3.2, S. 88

Umsetzung des Krönungsortes (Krönungsort: Tilantongo) Stufenmuster wie im Codex Nuttall, jedoch nicht
von 8 Hirsch: schwar-weiss, sondern weiss (aufgrund der Gestalt des Hamburger Wappens)


Grund bzw. Sockel des „Wappens“: „Bergglyphe“ Codex Nuttall, Tafel 65, Tafel 71

Alster und Elbe bzw. Welle: Codex Telleriano-Remensis, Tafel 11 bzw. Codex Borbonicus Tafel 5 (Chalchiuhtlicue gebirt Wasser-Götter); Codex Nuttall Tafel 49, Tafel 53, Tafel 64, Tafel 72, Tafel 74, Tafel 76a, Dresdner Codex Tafel 74

„Wappen“-Jaguare: Codex Fejérváry-Maier Tafel 26, Codex Nuttall Tafel 69 (linker Jaguar), Tafel 66
(rechter Jaguar), Codex Laud Tafel 14, Vase Kerr 413

Stehende Figur: Vase Kerr 689 (Gestalt) , 3009 (Jaguar-Pads), 4688 (Kleidungssaum unten) 5085 (Kleidungsfalten), 5179 (Brustpektoral), 5359, 6508 (Schärpenkomposition), 787, 5738 (Muschelband), 5764, 6979, 8201 (Armschmuck), 6508, 9135 (Jaguarschwanz)

Federschmuck: Umzeichnungen von Montgomery der Stelen 1, 2, 4, 7, 8, 13 aus Piedras Negras;
Vase Kerr 3938

Kopfschmuck: Hinterkopf: Piedras Negras Stele 9; Stirnschmuck Stele 13

Gesicht der stehenden Figur: Vase Kerr 7999 (rechte sitzende Figur)

Thron der stehenden Figur: Steinfragment „Bazan Slab“ aus Monte Alban, Umzeichnung von Covarrubias links unten. In: Teotihuacan. Art from the City of the Gods Abb. 176 S.271

Hirschkopf: Vase Kerr 4012

Mesoamerika-Silhouette: Mesoamerikakarte HYPERLINK "http://www.zamg.ac.at/pict/wetter/mittelamerika-karte.gif.webloc" www.zamg.ac.at/pict/wetter/mittelamerika-karte.gif.webloc

Farben des Topfes Vase Kerr 5453, Vase Kerr 5388
und der Glyphenunterlegung:

Maya-Glyphen: Montgomery´s Dictionary of Maya Glyphs:

Kopfsilhouette auf dem Rücken Waxac (waxac) (T1006) n. „eight“; cardinal number > Represents the head of the der stehenden Figur: youthful Corn God , Montgomery S. 265

Vase: oberer Glyphenblock: SAK nu-ku NAJ (Sak Nuk Naj) (T58.151:528.4)
> adj. n. "White Great House"; proper name of building/house ; Montgomery S. 215

Vase: unterer Glyphenblock: K'AK' NAAB' (k'ak' naab') (T122.86v) > adj. + n. "fire sea," "primordial sea," "fiery water place“; Montgomery S. 144

Jaguar-Thron mit Vase: Vase Kerr 689, 5720, 7997, 8457

Anmerkung:
Das Xoo-Zeichen, entnommen aus dem Stirnbereich einer zapotekischen Figur aus dem Völkerkundemuseum Hamburg galt bis in die 1990er Jahre als zapotekischer Vorläufer bzw. Variante des aztekischen Olin- Zeichens mit den Bedeutungen „Bewegung“ und „Erdbeben“ (Boos 1962: 129-135, Tafel III.) In neuerer Zeit wird dieses Zeichen als eine Variante des als „L-Glyphe“ bezeichneten zapotekischen Zeichens für Auge Loo (Urcid 1992: 407; Urcid 2005:16f. und Fig. 1:20). Als Ausdruck dieser wissenschaftlichen Kontroverse findet sich die Xoo- oder „E-Glyphe“ ebenfalls im zapotekischen Thron der stehenden Figur auf dem Tagungslogo.

Einführende Literatur:
Breuer, David (Katalogbearbeitung), diverse Autoren
2002 Azteken (Band zu Ausstellungen in London, Bonn und Berlin) DuMont Köln 2003

Berrin, Kathleeen & Esther Pasztory
1993 Teotihuacan. Art from the City of the Gods. Thames & Hudson, London

Brasswell, Goffrey E. Brasswell (Hg.)
2003 The Maya and Teotihuacan. Reinterpreting Early Classic Interaction. University of Texas Press, Austin

Clark, John E. and Mary E. Pye (Hg.)
2000 Olmec Art and Archaeology in Mesoamerica. Studies in the History of Art No. 58. National Gallery of Art, Washington. Yale University Press, New Haven, London 2000

Grube, Nikolai (Hg.)
2000 Maya. Gottkönige im Regenwald. Könemann, Köln

Köpke, Wulf und Bernd Schmelz (Hg.)
2004 Hamburgs Tor zur Welt. 125 Jahre Museum für Völkerkunde Hamburg. Sonderband, Museum für Völkerkunde Hamburg

Martin, Simon & Nikolai Grube
2008 Chronicle of the Maya Kings and Queens. Second Edition. Thames & Hudson, London

Miller, Mary & Karl Taube
1993 The Gods and Symbols of Ancient Mexico and the Maya. Thames & Hudson, London

Montgomery, John
2002 Dictionay of Maya Hieroglyps. Hippocrene Books Inc., New York

Schele, Linda & David Freidel
1999 Die unbekannte Welt der Maya. Orbis Verlag, München (aus dem Englischen „A Forest of Kings. The Untold Story of the Ancient Maya“, William Morrow & Co, New York)

Prem, Hanns J & Ursula Dyckerhoff
1986 Mexiko. Geschichte und Kultur der Völker Mesoamerikas. Bertelsmann München

Urcid, Javier:
2005 Knowledge, Power, and Memory in Ancient Oaxaca
HYPERLINK "http://www.famsi.org/zapotecwriting/zapotec_text.pdf" http://www.famsi.org/zapotecwriting/zapotec_text.pdf

Codices:
Arqueología Mexicana. Edición Especial Cóciices 18: El Tonalámatl de los Pochtecas (Codex Fejérváry –Mayer)
Arqueología Mexicana. Edición Especial Cóciices 23: Códice Nuttal
INAH/CONACULTA 2005/2006, Mexico City

Informationen zu den Vasen sowie deren Darstellungen im Maya Vase Data Base-Archiv von Justin Kerr auf der FAMSI-Seite unter: http://research.mayavase.com/kerrmaya.html

 

 

 

8 Hirsch To Go, Nachwuchstagung, Copyright 2010